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DER LETZTE GANG
Kein Leugnen hilft, kein Widerstreben,
wir müssen sterben, weil wir leben.
Wilhelm Busch
Doris Passalacqua wäscht Verstorbene, Caroline Munschauer
begleitet sie in ihren letzten Tagen, und Christian Tanner gräbt
ihre Gräber. Vom Leben und Sterben in und um Liestal.
Texte: Lucas Huber; Bilder: Guido Schärli und Florian Moritz
Hinter jedem Tod steckt ein Schicksal, den Hinterbliebenen sei es oft nicht Konservierte Körperwärme
Trauer und eine Menge Menschen, wohl mit einer Leiche, zuhause im Bett. Doch Doris Passalacquas primäre
die genau hier ins Spiel kommen. Wer Darum kümmert sie sich, bevor sie Aufgabe obliegt dem Praktischen. An
nämlich stirbt, führt für einen kurzen sich um den Verstorbenen kümmert, Ort und Stelle wäscht sie den Verstor-
Moment eine ganze Reihe von Experten um die Lebenden. «Es ist der Moment, benen – «am liebsten mit der Unterstüt-
zusammen. Die Behörden, die die der immer in Erinnerung bleibt; ich zung der Hinterbliebenen.» Sagt sie.
Mitteilung über den Todesfall entgegen- will ihn so erträglich wie möglich Manch einer Leiche sieht Doris den
nehmen, machen dabei nur den Anfang. gestalten.» Todeskampf an. Dann versucht sie,
Sargschreiner braucht es und
Steinbildhauer, Floristen, Totengräber, Sie ist oft die Erste, die gerufen wird, wenn jemand verstorben ist. Bestatterin Doris Passa-
Siegriste, Geistliche, gelegentlich lacqua begleitet die Angehörigen durch die Rituale und die ganz irdischen Schritte beim
die Polizei und Juristen, Mediziner, Abschied nehmen.
im unglücklichsten Fall: Erbschleicher.
Jemand stellt den Totenschein aus,
jemand verfasst das Leidzirkular,
jemand verliest das Testament. Jemand
gibt die Todesanzeige auf, jemand nimmt
sie entgegen, jemand informiert das
nächste Umfeld. Vielleicht war zuvor
ein Hospiz im Spiel, vielleicht eine
Sterbebegleitung. Vielleicht war Pflege
nötig, vielleicht ein Arzt. Vielleicht
kommt der tote Körper der Forschung
zu oder seine Organe neuen Körpern?
Vielleicht hielt jemand Totenwache.
Doris Passalacqua ist Bestatterin
aus Reigoldswil. Stirbt jemand, ist sie oft
die Erste, die gerufen wird. Dann lässt
sie alles stehen und liegen und fährt
zum Ort des Geschehens. «Und zwar so
schnell wie möglich», sagt sie. Denn
LiMa September–Oktober 2015 – 15 –