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       Regina Roth (l.) und Natalie Oberholzer, Naturpädagoginnen und Mitbegründerinnen des Naturforum Regio Basel,
       führen ihre Kursteilnehmer an die Geheimnisse der Natur heran.


       Farbe ist allgegenwärtig und irgendwie   Denn es ist nicht das Rot, das das Blatt-   Chamäleon, die ihre Farbe der Umge-
       doch nur Beiwerk, ist Trägermedium,    werk annektiert; es ist das Grün, das   bung anpasst, oder der Grünen Stick-
       Emotion, Assoziation – und sie erzeugt   Chlorophyll, das sich zurückzieht. Das   wanze, die auf Blättern praktisch
       Atmosphäre. Farblos ist nicht von unge-   Rot, nur nicht sichtbar, war immer da.  unsichtbar wird – und mit ihnen im
       fähr ein Synonym für trist, grau steht      Es sind Dinge wie diese, die die   Herbst die Farbe wechselt. Und sie
       nicht zufällig für Trauer, blau nicht für   beiden Naturpädagoginnen erklären,   sprechen von Lockfarben im Reich der
       Kälte, rot für Hitze. Farbe liegt der   wenn sie für das Naturforum Regio     Pflanzen, von grellen Blüten, um
       Kunst genauso zugrunde wie den visuel-   Basel Kurse im Wald durchführen. Sie   bestäubt, von knalligen Beeren, um
       len Medien: was wären Film oder Foto-   gehören zu den Gründerinnen des       gefressen zu werden. Darum kann
       grafie ohne Farbe? Und erst die Natur?  Vereins. Dann sprechen sie von Warn-   übrigens auch der Mensch Farben derart
           Natalie Oberholzer und Regina Roth   und Tarnfarben im Reich der Tiere:    gut unterscheiden: Damit er das Rot
       haben darauf eine eindeutige Antwort:   Von der Mimikry des Hornissenglas-    reifer Früchte im Grün des umliegenden
       Nichts Erstrebenswertes. Gerade jetzt,   flüglers etwa, der eine Wespe imitiert,   Blattwerks erkennt. «In der Natur gibt
       wo sich die Blätter rot und gelb verfär-  obwohl er ein Schmetterling ist, der   es keine Farbe zufällig, jede hat ihren
       ben, obwohl das eigentlich falsch ist.   Krabbenspinne, quasi dem hiesigen    Grund», sagt Natalie Oberholzer, die
                                                                                     auch Geschäftsführerin des Vereins ist.

       Kunterbunte Sprache                                                           Wiesenschaumkraut für Lila,
                                                                                     Brennessel für Grün
       Obschon wir gelegentlich Farbe bekennen, malen wir bisweilen schwarz. Immer noch   In einem der beliebtesten Kurse dreht
       besser, als rot zu sehen, sich grün zu ärgern. Schwarzgeld war zwar keins im Spiel, doch    sich alles darum, Naturfarben selber
       in einer Grauzone befanden wir uns trotzdem. Darum verwundert es nicht, dass wir auf   herzustellen. Schon in der Steinzeit
       keinen grünen Zweig kamen und schliesslich tiefrote Zahlen schrieben. Haben wohl rosa   verarbeiteten Menschen Erdpigmente für
       Elefanten und weisse Mäuse gesehen.                                           ihre Höhlenmalereien. Heute sammeln
                                                                                     Natalie Oberholzer und Regina Roth mit
       Waren wir zu blauäugig? Hätten wir die weisse Fahne schwenken sollen? Wir verspra-  ihren Kursteilnehmern Wiesenschaum-
       chen das Blaue vom Himmel, waren uns aber nicht grün, vielmehr gelb vor Neid, setzten   kraut (lila), Brennnessel (grün) oder
       den Rotstift an und trieben uns zur Weissglut. Es war längst nicht mehr das Gelbe vom Ei.   Johannisbeeren (rosa). Sie extrahieren
       Also machten wir blau und waren es gelegentlich auch, fuhren schwarz und waren uns
       stets bewusst, dass Schweigen Gold und Reden Silber ist.                              LiMa November – Dezember 2017  – 19 –
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