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Ins Feuer
Über 80 Prozent der Verstorbenen lassen sich heute Popmusik, während zwei Körper ver-
in der Schweiz kremieren. Wer in Liestal und Umgebung stirbt, zehrt werden, nachdem sie, in Särgen
liegend, über Schienen hineingefahren
fängt am Hörnli in Riehen Feuer. Zu Besuch im Krematorium,
wurden. Eine Klappe zeigt den Fort-
wo aus Menschen Asche wird. schritt der Verbrennung, gibt den Blick
frei auf einen durch die Hitze seltsam
Drei Stunden und rund 700 Grad braucht Leichen eingebettet. Sterile Gänge entstellten Körper inmitten eines
das Feuer, um einen Menschen aus führen in Kühlraume und Tiefkühl- Flammenmeers.
Fleisch und Blut zu ein- bis zweieinhalb zellen, verzögern die Verwesung der Die Verbrennung geht in drei Stufen
Kilogramm Staub und Asche einzu- toten Körper, die gelegentlich bis zu vonstatten und dauert insgesamt drei
äschern. Heute brennen zwei Öfen im einer Woche warten müssen, um dem Stunden: die effektive Verbrennung,
Krematorium am Hörnli in Riehen, Feuer übergeben zu werden. Hier dreht das Nachglühen und das Abkühlen der
die Sonne scheint, die Kamine qualmen sich der Magen einer Teilnehmerin Asche. Was übrig bleibt sind grobe
und eine Gruppe lässt sich von Betriebs- ein erstes Mal. Stücke von Asche, Knochenfragmente,
leiter Bernhard Meister durch die Auf Rollwagen werden die einge- künstliche Gelenke und Goldzähne,
Gemäuer führen. sargten Toten durch die Gänge gescho- Sargbeigaben und die Platte mit der
Am Anfang liegt die Warenan- ben, hin in den Nordteil, wo die Nummer, die jeden Kremierten identi-
nahme, geöffnet für eine ausgewählte Kremierungsöfen warten, eine Fabrik- fiziert. 20 sind es tagtäglich.
Bestatterschar während 365 Tagen im halle eigentlich. In ihnen lodern Feuer, Aus den Aschebehältern wurden
Jahr und 24 Stunden. In einer Nasszelle beaufsichtigt von zwei Betriebsmit- schon Zahnprothesen geborgen und
mit blauem Duschvorhang werden hier arbeitern, aus einem Radio dudelt Werkzeug, Schmuck und auch Skurriles,
– 34 – LiMa November–Dezember 2015